Zurück in den Wahnsinn
Vieler Orts lese ich, dass sich die Leute sehnen nach Ferienflügen und Freiheit. Vieler Orts lese ich jedoch auch, wie sich Menschen darüber freuen, dass unsere Mutter Erde gerade dabei ist sich zu erholen. Man berichtet begeistert von Vogelstimmen, die man noch nie gehört habe und von Begegnungen mit Rehen, die sich näher an die Agglomeration wagen, da das Jagen noch weiterhin verboten ist.
Wie wird das Aussehen, dieses «Zurück in die Normalität»? Gedankenlos dort anknüpfen, wo wir zuvor schon waren? Konsumrausch und Grillorgien? «Zurück in die Normalität» bedeutet: Zurück in den Wahnsinn!
Endlich
kann man wieder ins Lieblingsrestaurant und die Leibspeise «Saltinbocca alla
romana» essen. Das Kalb, welches da einverleibt wird, verbrachte sein ganzes kurzes
Leben in Quarantäne.
Es durfte sich nie bewegen, hatte nie einen Kontakt zu seiner Mutter, hat nie
erlebt, was es heisst frei zu sein. Der Schinken, der zum obigen Gericht gehört,
stammt von einem Schwein, das sich in Todeskrämpfen windete während es in der
Gaskammer um sein Leben rang.
Auch Mc
Donalds wird seine Tore für die Fleischhungrigen bald wieder öffnen. Die Kühe,
die dort verspeist werden, wurden als Milchmaschinen ihr Leben lang missbraucht.
Angebunden in dunklen Ställen, fern von ihren Kindern, die sie niemals aufziehen
durften. Nach ihrem
vier- oder fünfjährigen Leiden werden ihre völlig
ausgezerrten Körper hingerichtet und zu Hamburgern verarbeitet. Das ist der Lohn,
den sie erhalten für eine Qual, die wir uns in unseren düstersten Fantasien
nicht ausmalen können!
Wir erleben gerade am eigenen Leibe, was es bedeutet NICHT frei zu sein. Wir spüren, wie unendlich belastend es ist, wenn wir uns nicht einfach so bewegen können, wie wir es uns wünschen; keinen physischen Kontakt mehr zu haben zu unseren Mitmenschen, zu unseren Familien. Wir fühlen die Angst, wenn wir um unser eigenes Leben bangen. Gerade bei diesem Virus ist die Vorstellung an einem Erstickungstod zu erliegen unerträglich. Dennoch muten wir genau dies anderen fühlenden Wesen zu, nur damit wir sie konsumieren können. Was wir den Tieren antun wird in die Finsternis der Verdrängung gestellt.
Ich wünsche mir, dass diese momentane Krise, die tatsächlich der Natur entgegenkommt, dazu führen wird, dass wir als Einzelne uns besinnen auf ein Leben in Empathie, Rücksicht und Wohlwollen allen Lebewesen gegenüber.
Text by: Bea Kälin